Derzeit wuselt eine Kontroverse durch
die soziale Medienwelt, von der vermutlich nicht sehr viele etwas
mitbekommen. Erstens, weil sie auf der anderen Seite der europäischen
Welt stattfindet, zweitens in der Museumswelt. Soziale Medien und
Museen sind ja zwei Dinge, die sich irgendwie erst langsam aneinander
annähern. Worum geht es?
Das Boston Museum of Fine Arts stellt
derzeit dieses wunderbare Gemälde aus: La Japonaise von Claude
Monet.
Dazu wurde der sog. „Kimono-Wednesday“ eingeführt. An
diesem Tag können Besucher einen Kimono anziehen, der dem auf dem
Bild ähnelt, sich in der dargestellten Pose fotografieren lassen und
die Bilder dann auf Facebook teilen. Das Museum sagt, Sinn des ganzen
wäre es, dem Besucher eine fühlbare Erfahrung zu vermitteln, wie es
ist, ein so andersartiges Kleidungsstück zu tragen. Ich finde das
eine Supersache, bei der ich natürlich sofort mitmachen würde!
Tatsächlich hat sich aber eine
Protestbewegung dagegen entwickelt mit etwas wirren Gedankengängen.
Genaueres gibt es HIER. Dem Museum wird Rassismus vorgeworfen von
Menschen, die davon, meiner Meinung nach, selbst nicht ganz frei
sind.
Zuallererst einmal: wir alle tragen
Kimono! Das Wort Kimono きもの
bedeutet nicht, was wir gemeinhin damit verbinden,
nämlich das besagte Kleidungsstück. Kimono bedeutet ganz allgemein
„Kleidung“. Hemd, Hose, Rock, Bluse und Strümpfe sind alle
Kimono. Um wieder auf die gängige, heutige Bedeutung zurück zu
kommen: Einen Kimono anzuziehen und richtig zu tragen ist eine
Wissenschaft. Ich weiß, wovon ich spreche. Und vermutlich kennen
auch nicht viele Nicht-Japaner die soziale Bedeutung dessen, was ein
Kimono darstellt. So wie ein Kimono in Europa getragen wird,
vollkommen falsch, eher wie ein eleganter Hausmantel, ist er für
viele vermutlich ein bequemes Kleidungsstück. Aber ist das denn so
schlimm? Heisst das jetzt, nur Japaner haben das Recht, einen Kimono
zu tragen? Finde ich jetzt nicht. Im Umkehrschluß müßten sich dann
auch irgendwelche Deutschtümler über Japaner in Dirndln aufregen...
Oder eben Amerikaner über Japaner in Jeans und Stetson. Was weiß
ich?
Den politischen Hintergrund des
Protests kann ich schon aus folgendem Grund nicht nachvollziehen: Wir
haben gerade heutzutage die Möglichkeit, unendlich viel zu lernen
über fremde Kulturen. Und zwar nicht nur aus Büchern, die ja immer
auch die Sichtweise des Autors beinhalten, sondern via Internet viel
unmittelbarer. Ich sehe das als große Chance, die man nicht einfach
ignorieren sollte. Vielleicht ist aber genau das auch ein Problem.
Gerade Japan mit seinem ausgeprägten Traditionsbewußtsein ist nicht
begeistert davon, von Fremdtraditionen überrannt zu werden
(Halloween zum Beispiel, da gab es vor ca. 2 Jahren massive
Proteste.) und würde vielleicht gerne eine gewisse Abgrenzung
durchsetzen, die es ja früher schon gegeben hat.
Der Aktion eines Kunstmuseums Rassismus
vorzuwerfen, dürfte aber sicher nicht der richtige Weg sein.